Christentum als römische Staatsreligion

Christentum als römische Staatsreligion
Christentum als römische Staatsreligion
 
Die Ausbreitung des Christentums vollzog sich im 4. Jahrhundert fast im gesamten römischen Reich; die Mission verlief von Osten nach Westen, von den Städten aufs Land. Am resistentesten zeigten sich die Landbevölkerung, der Senat der Stadt Rom und die geistigen Eliten. Die neuplatonischen Universitäten von Athen, Pergamon und Alexandria blieben Hochburgen des alten Glaubens. Die religionspolitische Wende Konstantins wurde von seinen Söhnen Constans und Constantius II. fortgesetzt.
 
Letzterer erließ 354 das erste generelle Verbot des heidnischen Kultes. Der Versuch einer Neubelebung der heidnischen Religion durch seinen Nachfolger Julian (361-63) blieb auf Dauer erfolglos. Der toleranten Haltung des katholischen Valentinian (364-75 Westkaiser) und des arianischen Valens (364-78 Ostkaiser) folgte mit Gratian (375-83 Westkaiser) und besonders Theodosius I. (379-95) der Höhepunkt antiheidnischer und antihäretischer Religionspolitik.
 
Theodosius, selbst streng katholisch und fromm, erklärte am 27. Februar 380, dass allein der apostolische Glaube, wie ihn die Bischöfe Damasus von Rom und Petrus von Alexandria verträten, maßgeblich für alle Völker seines Herrschaftsgebietes sei. Ein Konzil, das der Kaiser im folgenden Jahr nach Konstantinopel berief, bestätigte seinen Beschluss: Die katholische Orthodoxie war Staatsreligion und der Arianismus endgültig verdammt. Seine antiheidnische Politik erreichte mit mehreren Gesetzen der Jahre 391 und 392 ihren Höhepunkt. Jede Form des altgläubigen Gottesdienstes wurde verboten und als Hochverrat bestraft. Überall im Reich wurden Tempel und Heiligtümer zerstört, das Serapeion, Zentrum der Universität von Alexandria und den Zeitgenossen das schönste und berühmteste Bauwerk des Ostens, fiel dem Glaubenseifer zum Opfer, bekannte Institutionen des antiken Götterglaubens, wie das Delphische Orakel, die Olympischen Spiele und das Augurenwesen erloschen. Dass jedoch der alte Glaube nicht am Ende war, zeigen die häufigen Wiederholungen der antiheidnischen Gesetze während des 5. Jahrhunderts.
 
Auch die innerkirchliche Organisation schritt im 4. und 5. Jahrhundert voran. Auf Provinzialebene wurden die einzelnen Bischofsgemeinden dem Bischof der Provinzhauptstadt, dem Metropoliten, unterstellt. Einige Kirchen, die Patriarchate, genossen eine Sonderstellung: im Osten Antiochia, Alexandria, Jerusalem und besonders Konstantinopel, im Westen Rom. Theologische und personelle Streitfragen wurden auf Provinzial- und Reichssynoden (Konzilien) geklärt. In Konkurrenz zur Autorität der Konzilien setzte sich im 5. Jahrhundert, begünstigt durch Schwäche und schließlich Untergang des westlichen Kaisertums und forciert durch die römischen Bischöfe Leo I. (440-61) und Gelasius (492-96), zumindest in der westlichen Kirche der Primatsanspruch des römischen Bischofs durch.

Universal-Lexikon. 2012.

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